Ein Bild im Bild:

Das Foto Louvre III von Thomas Struth auf dem Städel Blog ist so großartig wie sprechend. (Hier in groß). Zwischen dem Aufnahmedatum und heute liegen nur 20 Jahre und dennoch Welten.

Was hat sich verändert?

1989 kamen die Menschen ins Museum, hier ins Louvre, betrachteten die Kunstwerke, versanken vielleicht sogar darin, lasen Schilder, die sie über Titel und Urheber des Kunstwerkes aufklärten, mochten die Kunstwerke oder auch nicht und sprachen über einzelne Exponate mit denjenigen, mit denen sie zusammen das Museum besuchten, oder später in der Familie, am Arbeitsplatz.

2009 ist viel mehr möglich. Zum unmittelbaren Kunstgenuss − dem einzigartigen Gegenüber von Mensch und auratischem Original − gesellen sich vielfältige Möglichkeiten und Perspektiven, die die direkte Kunstrezeption bereichern, Eindrücke vertiefen und Dialoge eröffnen. Menschen können sich via Internet ausstauschen, Wissen über einzelne Bilder, Künstler, Skulpturen weitergeben und sammeln. Die Besucher können sich jederzeit im interaktiven Web 2.0 ihre eigene Ausstellung im Louvre zusammenstellen. Mitmachen und Beteiligen sind 2009 möglich. Der Analog-Rezipient von 1989 hat sich heute zum Dialog-Gestalter entwickelt. Die Instrumente dazu liefert das Internet.

Museen wie das Frankfurter Städel nutzen die positiven Entwicklungen dieses Kulturwandels. Sie laden ein − in ihr Museum, in ihr ganzes Haus. Sie sprechen über ihre Ausstellungen. Und nehmen den Dialog mit den Menschen auf − über ihr Blog oder Twitter. Lassen Interessierte daran teilhaben, wie eine Ausstellung entsteht oder wie ein Film über das Museum gedreht wird oder sie zeigen Bestände aus ihrem Depot, die sonst niemand zu Gesicht bekommt.

Die Austellungen sind nicht mehr nur auf den musealen Repräsentationsraum begrenzt. Die Tate zeigt gerade vorab zu ihrer Turner-Ausstellung auf ihrem YouTube Kanal Filme über Turner: Hier berichten die Gemälderestauratorin Rebecca Hellen und die Assistenz-Kuratorin Philippa Simpson in Filmhäppchen über spezifische Aspekte bei Turner. Da freut man sich jetzt schon auf die Ausstellung. Und wer die Francis Bacon Ausstellung verpasst hat, der klickt hier.

Die neuen Medien haben auch ganz praktische Vorteile: Das Städel nutzt den Community-Gedanken, um in einer breit angelegten Kampagne online und offline Unterstützung für ihren Erweiterungsbau einzuwerben: Die gelben Städel-Unterstützer-Gummistiefel gibt es dann direkt im Museum und via Internet im Deichmann-online-Shop zu kaufen. Die Spieler von Eintracht Frankfurt tragen sie genauso wie Max Hollein und Förderer in ganz Deutschland.

Im Corporate Museum ist alles vernetzt, überall wird gestaltet. Besucher, Kuratoren, Restauratoren − Menschen erzählen Geschichten, tauschen sich aus, tragen Wissen bei. Kommunzieren heißt Gespräche anbieten und zuhören. Social Media sind Ausdruck und Instrument dieses Kulturwandels. Das weltweit größte Social Network Facebook hat heute über 300 Millionen User (TechCrunch). Allein im August 2009 besuchten in Deutschland 2,36 Millionen Besucher Twitter.com (F.A.Z./Nielsen).

Ein großartiges, weites Feld für Museen, die rechtzeitig über eine Ausweitung des Kunstraumes nachdenken.