John Ogilby. Wer ist John Ogilby?
Es ist die große Zeit der Umbrüche in London. Die letzte große Pest war gerade vorüber. Der Sommer des Jahres 1666 war heiß und trocken − der große Brand wird vier Fünftel der City of London zerstören. John Ogilby verliert sein Haus und den Großteil seines Besitzes. Der über 60jährige fängt neu an.
John Ogilby ist Pionier des Crowdfundings und Erfinder von Street View. Schon vor 350 Jahren nutzte Ogilby ein Verfahren, um seine teuren und aufwändig illustrierten Übersetzungen antiker Klassiker vorzufinanzieren: die Subskription. Sie funktioniert im Prinzip wie heutiges Crowdfunding. Für ein Projekt wurden die nötigen Mittel im Vorhinein bei Fans, Freunden und Followern eingesammelt. Sie erhielten dann als Dankeschön den vorfinanzierten Band. Nicht selten wurden die Namen der edelsten Spender im Opus auf einer eigenen Ehrenseite benannt.
John Ogilby war ein Multitalent: Tänzer bis sein Bein erlahmte, Übersetzer, Dichter, Theaterdirektor, königlicher Zeremonienmeister, Verleger und in seinem letzten Leben genialer Kartograph.
1675 erschien sein Straßenatlas Britannia mit 100 Streifenkarten − strip maps −, die die wichtigsten Verbindungsstraßen des englischen Königreiches darstellten. Das Revolutionäre an diesen Karten ist ihr lineares Abgehen des realen Weges. Wie bei Street View und den gängigen digitalen Karten heute gehen die Streifen von Ogilgy die reale Wegstrecke nach. Sie zeigen nicht den gesamten geografischen Kontext, sondern den des Reisenden. Abgebildet sind die wichtigsten Wegmarken, Flüsse, Städte, Berge. Windrosen auf jedem Streifen geben die Nordrichtung vor. Alles, was der Orientieruing dient, wird benannt. Ein erstes Navi mit 100 Karten: kopierbar, aber unnachahmlich. Heute sind die Streifenkarten meist vertont: „an der nächsten Kreuzung links abbiegen …“