Die Grenzen verschwimmen. Wo ein Museum anfängt oder aufhört ist keineswegs an seine Architektur gebunden. Kunst kann in den Stadtraum hineinreichen und auch wieder zu Museum zurückführen.
Diesen Sommer trug die Schirn, Kunst ganz lebendig in den Stadtraum von Frankfurt am Main. Playing the City waren Kunstaktionen im öffentlichen Raum.
In Bonn luden das Fringe Ensemble gemeinsam mit den Theater Bonn zum Wirklichkeitstest. Bei Performances an verschiedenen Orten der Stadt konnte sich beteiligen, wer wollte und somit selbst zum Künstler und Kunstwerk werden.
Kunst, Kommunikation und Irritation fördern die Neugier. Und neugierige Menschen gehen auch ins Museum oder ins Theater.
Beim stARTcamp11 in Köln habe ich einige Beispiele vorgestellt, wie Kunst mit einfachen digitalen Mitteln im Museum transmedial erweitert werden und eine wechselseitige Beziehung mit dem Stadtraum eingehen kann. Alles via Smartphone.
Openmuseum: The extension of art
Der Gebrauch von Smartphones gehört für viele Menschen bereits unverzichtbar zum Alltag. Nicht mehr nur Nerds trennen längst nicht mehr zwischen – dem lange als Dichothomie aufgebauten – Realen und Virtuellen. Die Aufhebung dieses scheinbaren Gegensatzes ermöglicht eine erstaunliche Bereicherung der Erfahrungen, die gerade den genuinen Aufgaben der Museen zugute kommt.
→ Im Museum
können Exponate einfach durch QR-Codes mit offenen und eigenen digitalen Inhalten verknüpft werden.
Die QR-Codes werden mit einer App auf dem Smartphone eingelesen und leiten dann auf konkrete, digitale Inhalt weiter: Das können Texte sein, Bilder, Audios oder Filme oder eine beliebige Kombination dieser Medien.
So können Details zu einem Gemäde für die Betrachter digital sichtbar gemacht werden, die ansonsten verborgen blieben: Zoom in die Feinheiten des Gemäldes, der Maltechnik, der Alterungserscheinungen; Inhalte, die sich erst durch wissenschaftliche oder resturatorische Aufnahmen zeigen; Aussagen des Künstlers. Die Bilder lassen sich auf diese Art vielfältig digital kuratieren und erweitern die Möglichkeiten der Ausstellungskuratierung.
@GettyMuseum painting collection kommt Google Goggles für Android und iPhone zum Einsatz.
Die Smartphone App scannt das Bild, erkennt es und verlinkt dann auf eine speziell vom Getty Museum erstellten Internetseite mit Bild-, Text- und Audiodaten zu dem entsprechenden Bild. Normalerweise verweist Google Goggles nach dem Scannen und Erkennen auf die Suchergebnisse der Google-Suche. Was auch sehr nützlich serin kann.
@Britishmuseum wird gemeinsam mit Samsung eine Augmented Reality Anwendung für ein kleines Tablet getestet. Auch wenn der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen derzeit für die meisten Museen nicht in Frage kommt, wird hier doch die Dimension der Ausweitungsmöglichkeiten eines Museums deutlich.
Testing AR Gallery Explorer from Samsung Digital Discovery Centre on Vimeo.
→ Der Stadtraum
lässt sich mittels QR-Codes in Ausstellungen einbeziehen. Das bedeutet eine räumliche Ausdehnung des Museums und seiner Inhalte in den öffentlichen Raum. Das Museum ist dort so präsent und kann wiederum auf das eigene Haus und Ausstellungen aufmerksam machen. Hier können Menschen angesprochen werden, die ansonsten nicht den Weg ins Museum finden würden.
In Frankfurt am Main gibt es einen per QR-Code und Google Maps angelegten Rundgang zu Kunst im öffentlichen Raum. Weg und Informationen zu den Kunstwerken sind leicht per Smartphone abrufbar. Ähnliches ließe sich auch thematisch passend zu einer Ausstellung realisieren.
Noch einen drei Schritte weiter geht die niederländische Firma Layar, die mit ihrem Augmented Reality Browser weit reichende Möglichkeiten bietet. Layar, abgeleitet vom englischen layer für Schicht, ermöglicht die in einem Layar thematisch erfassten Inhalte in der direkten Umgebung per Smartphone anzeigen zu lassen: interessante Gebäude in der Umgebung, Street Art, Twitterer in der Nähe. Die Layar lassen sich vom Nutzer um weitere Inhalte ergänzen.
Das Kunstprojekt „dead drops“ ist permanet im Stadtraum präsent. „Un-cloud your files in cement! ‚Dead Drops‘ ist an anonymous, offline, peer to peer file-sharing network in public space“ lautet die Projektidee. 2010 hat der Künstler Aram Bartholl angefangen, in New York USB-Sticks einzumauern, so dass nur der Stecker herausschaut. Hier kann nun jeder beliebig mit seinem Laptop Dateien hoch- bzw. herunterladen, wie er es möchte. Weltweit wurden bislang 697 dead drops einzementiert. Gute Projekte lassen sich digital und offline realisieren.
→Inside out
sind Sonderaktionen im MoMA, die zeigen, dass sich offline und online wunderbar ergänzen können. Aktionen im Museum lassen sich digital nach draußen tragen und werben für das Museum als lebendigen kulturellen Ort. So initiert das MoMA mit „I went to the MoMA and …“ eine einfache Aktion, bei der zu verschiedenen Anlässen Besucher auf vorgedruckten Zetteln ihre Geschichte zum MoMa-Besuch erzählen oder aufmalen können. Die Zettel-Sammlungen werden dann wieder auf der Homepage des MoMA publiziert und wirken im digitalen Raum weiter.
Die Grenzen verschwimmen.