Am 6. und 7. Mai 2010 fand in der Berlinischen Galerie die Tagung Kultur und Informatik „Interaktive Systeme“ statt, auf der ich einen Vortrag mit dem Titel „Ars ex machina − Museen, Kunst und Web 2.0“ hielt.

Sämtliche Vorträge sind in einem Tagungsband veröffentlicht, herausgegeben vom wissenschaftlichen Leiter der Tagung Jürgen Sieck. Die Konferenz wurde im Rahmen des Stiftungs-Verbundkollegs Informationsgesellschaft Berlin (SVKB) der Alcatel-Lucent Stiftung für Kommunikationsforschung durchgeführt und von der Forschungsgruppe INKA an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin in Zusammenarbeit mit der Berlinischen Galerie, dem Museum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur ausgerichtet.

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Hier die Sprechfassung meines Vortrags in Auszügen:

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Sehr geehrte Damen und Herren,

vor kurzem fand in London die eintätige Konferenz „MuseumNext“ statt, an die ich hier kurz anknüpfen möchte. Auch dort ging es um die Schnittstelle von Kultur, Museum, Technologie und Mensch. Die Online-Verantwortlichen der Tate, des Museums of Modern Art in New York, des Victoria & Albert und von anderen Museen mit internationalem Publikum waren hier als Sprecher geladen. Aus der Ferne konnte man die Konferenz per Twitter und dem Hashtag #museumnext verfolgen.

Einige Tweets − also Twitter-Mitteilungen in maximal 140 Zeichen − sollen zentrale Themen und Verortungen der Londoner Tagung skizzieren:

Victor Samra, Digital Media Marketing Manager at The Museum of Modern Art/New York

Victor Samra, Digital Media Marketing Manager at The Museum of Modern Art/New York

John Stack, Head of Tate Online

John Stack, Head of Tate Online

John Stack, Head of Tate Online

John Stack, Head of Tate Online

Bereits aus diesen wenigen Zitaten lassen sich wichtige Koordinaten des derzeitigen Medienwandels und seiner Bedeutung für Museen und Kulturinstitutionen herauslesen:

  • An die Stelle des Besitzes tritt die Teilhabe.
  • An die Stelle des Kunsttempels tritt der Platz.
  • An die Stelle des reinen Senders tritt der Dialog.

Was hat sich also in den letzten Jahren verändert, dass einige der weltweit größten und bekanntesten Museen der Welt einen solchen Wandel vollziehen?

1 Ars ex machina

 

Das Foto Louvre III von Thomas Struth auf dem Städel Blog ist so großartig wie sprechend.[1] Zwischen dem Aufnahmedatum der Fotographie aus der Reihe Museum Photographs 1989 und dem Screenshot des Blogs vor ein paar Tagen liegen nur 20 Jahre und dennoch Welten.

Was hat sich verändert?

Die Fotographie von Thomas Struth zeigt monumentale Erhabenheit und zugleich das Jetzt im Moment des Betrachtens. Wir sehen von der Kunst gebannte, vom Wandeln durch die Galeriegänge schon leicht erschöpfte, sitzende Menschen. Sie kamen ins Museum, in den Louvre, betrachteten die Kunstwerke, versanken vielleicht sogar darin, lasen Schilder, die sie über Titel und Urheber des Kunstwerkes aufklärten, mochten die Kunstwerke oder auch nicht und sprachen über einzelne Exponate mit denjenigen, mit denen sie zusammen das Museum besuchten, oder später in der Familie, am Arbeitsplatz.

2010 sitzen Menschen nicht nur im Museum vor den Kunstwerken, sondern zeitgleich vor unzähligen internetfähigen Geräten in der ganzen Welt und betrachten die gleichen Kunstwerke am Bildschirm. Zum unmittelbaren Kunstgenuss – dem einzigartigen Gegenüber von Mensch und auratischem Original – gesellen sich vielfältige Möglichkeiten und Perspektiven, die die direkte Kunstrezeption bereichern, ergänzen, Eindrücke vertiefen und Dialoge eröffnen. Menschen können sich via Internet austauschen, Wissen über einzelne Bilder, Künstler, Skulpturen weitergeben und sammeln. Die Besucher können sich jederzeit im interaktiven Web 2.0 ihre eigene Ausstellung im Louvre zusammenstellen. Mitmachen und Beteiligen sind 2010 möglich. Die Instrumente dazu liefert das Internet.

2 Vom Bilderrahmen zum Bildschirm

 

Es ist wie ein Zeitsprung. Das Kunstwerk wird vom Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit[2] in die entmaterialisierte digitale Bildwelt der Gegenwart[3] gebeamt. Längst befinden wir uns im Zeitalter der Digitalisierung mit seinem atemlosen Takt der neuen Kontextualisierung. Unzählige Kunstwerke aus allen Teilen der Erde, aus allen Kulturen der Welt sind jetzt schon online verfügbar. Sie lassen sich jederzeit in Blogs und Websites einbetten, Hyperlinks schaffen immer neue Verbindungen zu Inhalten. Dreidimensionale, lebendige Wissensnetzwerke entstehen. Hier schlummert ungeahntes Potential, dessen Dimension wir derzeit noch gar nicht abschätzen können.

Mit etwas Verzögerung erreicht der Medienwandel zunehmend die Kulturlandschaft. Museen und vereinzelt auch Künstler fangen an, sich mit den Möglichkeiten des Web 2.0 auseinanderzusetzen. Sie öffnen sich, suchen den Dialog und landen in der Jetztzeit. Ein spannendes Experimentierfeld entwickelt sich im unendlichen Raum des worldwideweb:

Zur Rubens-Ausstellung in München twitterte Peter Paul Rubens für die Alte Pinakothek über sein Leben und seine Werke; das Städel Frankfurt bloggt und sammelt so Spenden für seinen Erweiterungsbau und baut zeitgleich eine eigene Community im Web auf; die Tate hat einen eigenen Video-Channel mit einem umfangreichen Kunstprogramm; die Staatliche Kunstsammlung Dresden ist mit ihrem Haus bei Second Life und kann hier ohne Gefahr für das Kunstgut neue Hängungen testen; die Albertina Wien ist mit 30.500 Bildern online; auf facebook finden sich die großen Museen der Welt.

Doch: Was passiert eigentlich mit der Kunst, wenn man sie in die digitale Welt entlässt? Was bedeutet das für die Originale? Wozu wird der Betrachter? Welche Rolle spielt dann das Museum als realer Ort der Begegnung von Individuum und Kunst?

Das viel gehütete Original hat sich bereits vieler Angriffe erwehrt. Seit dem 19. Jahrhundert befindet es sich im Zeitalter seiner massenhaften technischen Reproduzierbarkeit. Aller Weh-und Achrufe der Kulturpessimisten zum Trotz führte diese Entwicklung aber nicht zum Niedergang der Kunst, sondern sorgte für neue kreative Schübe. Heute sind Ready mades von Marcel Duchamp – wie der Flaschentrockner und das „Fountain“ benannte Pissoir – oder die seriellen Drucke der Campbell-Dosen von Andy Warhol Ikonen der Kunstgeschichte und spiegeln facettenreich die Massenproduktion. Sie nehmen belanglose alltägliche Dinge, Massenware auf und stellen sie in einen neuen Kontext. Fiat ars! Oder wie der Historiker und Philosoph Krysztof Pomian es formuliert, die Dinge erfahren eine Verschiebung von der Nützlichkeit hin „zur Maximierung der Bedeutung.“[4]

Heute finden wir Kunstwerke zu Abermillionen digital im Internet. Bedeutet das eine Gefahr?

Nehmen wir als Beispiel das berühmteste Kunstwerk: die Mona Lisa. Von Leonardo da Vinci ging das schon damals berühmte Gemälde – bereits Giorgio Vasari beschrieb es 1568 als von „eher himmlischer als irdischer Natur“[5] – in den Besitz von König Franz I. über. Später landete es schließlich in Versailles in der Sammlung des Sonnenkönigs Ludwig XIV. Nach der französischen Revolution kam das Gemälde in den Louvre, um wenig später wieder ganz exklusiv in den Gemächern von Napoleon zu hängen. Seit Napoleons Verbannung hat es den Louvre nur in wenigen Fällen wieder verlassen.

Gibt man bei Google den Suchbegriff „Mona Lisa“ ein, erzielt man 8,6 Millionen Treffer – bei der reinen Bildersuche immerhin noch 2,4 Millionen.[6] Seit es eine Application des Louvre für Smartphones gibt, tragen viele Menschen das Lächeln der Mona Lisa immer mit sich – samt Craquelé, in unglaublich detailgenauer Aufnahme.

Trotz der permanenten digitalen Verfügbarkeit pilgern die Menschen weiterhin unermüdlich zur Mona Lisa. 2009 waren es allein 6,8 Millionen Besucher, die ausdrücklich dieses Gemälde sehen wollten von 8,5 Millionen Louvre-Besuchern insgesamt.[7]

Noch einmal ein Blick zurück:

 

1919 reichten Marcel Duchamp noch ein Schnauzer, ein Kinnbart und die Buchstaben L.H.O.O.Q. und eine billige Mona-Lisa-Postkarte, um ein neues Kunstwerk zu schaffen. Heute sieht es anders aus.

Digital reproduzierte Bilder in einen neuen Kontext zu stellen, sie zu bearbeiten und zu verändern, geschieht heute massenhaft. Doch führt das normalerweise nicht mehr zu einem neuen Kunstobjekt. Heute passiert etwas anderes.

3 Verlust der Mitte oder Gewinn von Neuland?

 

Am Anfang steht der Kontrollverlust. Ist ein Bild erst einmal im Internet, gibt es keinen Weg zurück. Es kann kopiert, verlinkt, bearbeitet und in völlig willkürliche Zusammenhänge gestellt werden. Und sind die Kunstwerke nicht mehr urheberrechtlich geschützt, ist das in der Regel der Fälle auch völlig legal. Man kann darin den Untergang des Abendlandes nahen sehen oder ein verheißungsvolles Land der Möglichkeiten.

Betritt man diese terra incognita einmal unvoreingenommen, stellt man fest: Im Anfang sind die digitalen Bilder alle gleichrangig. Während sie im Museum in einer abzuschreitenden Abfolge hängen, existieren sie im digitalen Universalmuseum – zumindest theoretisch – synchron und gleichberechtigt. Bei der Menge der existierenden Bilder ist die menschliche Wahrnehmung damit allerdings völlig überfordert. Wie soll man in diesem unendlichen Datenkosmos also das finden, was man sucht? Hilfe bieten hier die Suchmaschinen. Die Bilder und Links erhalten eine Abfolge, werden gewichtet. Die Bestimmung der Bedeutung erfolgt also über den Sortieralgorithmus der Suchmaschine. Der Marktanteil von Google in Deutschland lag 2009 bei ca. 85-90 %. Wie das Google-Ranking genau zustande kommt, ist eines der am besten gehüteten Geheimnisse. Das bedeutet, das Museum verliert an dieser Stelle die Deutungshoheit.

Kontrollverlust, Verlust der Deutungshoheit – das klingt erst einmal danach, als sollten Museen und Kultureinrichtungen das Internet meiden wie der Teufel das Weihwasser.

Mitnichten.

Betritt man die terra incognita also erneut, kann man ein durchgehendes Summen vernehmen. Kommt man näher, stellt man fest, dass ein Großteil des Summens aus Gesprächen besteht. Es sind Gespräche zwischen Menschen, die im Internet miteinander kommunizieren. Sie tauschen Wissen, Bilder, Gedanken miteinander, machen sich auf andere Gespräche aufmerksam. Hier trifft man auf Menschen, die sich gegenseitig inspirieren können.

Tritt man nun ein wenig näher, kann man an diesen Gesprächen teilnehmen, andere sogar zum Gespräch einladen.

Die Internetwelt hat sich gewandelt. Internetpräsenzen von Unternehmen, Museen, Verbänden als Aushänge- und Reklameschilder im digitalen Kosmos verlieren zunehmend an Bedeutung. Heute kann jeder, der es möchte, im Internet Inhalte lesen oder auch selbst aktiv Inhalte erzeugen und im Internet veröffentlichen. Mit Links lassen sich beliebige Verknüpfungen herstellen. Der Link wird zu einem kreativen Element, schafft eine inhaltliche Verbindung, die vielleicht zuvor so nicht existiert hat. Oder er leitet weiter, wo die eigene Kompetenz endet. So wie es Jeff Jarvis, der amerikanische Journalist, Professor an der New York University und Blogger auf Buzzmachine.com, formulierte: „do what you do best and link to the rest.“ Mit zunehmender Teilnahme und Verknüpfung entstehen persönliche und thematische Netzwerke, die keine geographische Grenze mehr kennen.

4 Die Gesprächskultur

Das griechische museion bedeutet soviel wie „der Sitz der Musen“, das lateinische museum steht für „Ort der gelehrten Betätigung“. Inspiration, das gelehrte Gespräch, die Freude beim Anblick eines Kunstwerkes sind Merkmale und integrale Bestandteile eines Museums. Es finden Dialoge statt zwischen Betrachter und Kunstwerk, zwischen Besucher und Museum.

„Märkte sind Gespräche“ stellte schon 1999 das wegweisende Cluetrain Manifest[8] als Ausgangsthese auf. Diese Gespräche auch in der digitalen Welt zu suchen und zu führen, wird die wichtige Herausforderung für Kulturinstitutionen sein. Bislang sind die meisten Museen zwar im Internet vertreten, aber – mit wenigen Ausnahmen – sie gestalten hier nicht.

Museen brauchen ein wiedererkennbares und authentisches Profil, um offline und online eine wichtige Rolle zu spielen und die digitale Realität mitzuorganisieren. Museen müssen also das „echte“ Gespräch suchen und es mit einer „echten“ Stimme führen.

Einige Beispiele zeigen, wie Gesprächangebote aussehen können:

Das Fachgespräch

Von 2005 bis 2009 führten das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud gemeinsam mit der Fachhochschule Köln, Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft das Forschungsprojekt „Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus“ durch. Die detaillierten Ergebnisse wurden im Internet veröffentlicht.[9]

Die Dimensionen einer wissenschaftlichen Plattform zu einem Forschungsgebiet lassen sich an dieser Stelle schon sehr gut erkennen: Es können Informationen aus verschiedenen Museen, Sammlungen aus aller Welt zusammengefügt und abgefragt werden. Spezialisierte, interdisziplinäre, wachsende Wissensplattformen können entstehen und den wissenschaftlichen Austausch intensivieren.

Das kultivierte Gespräch

Zur diesjährigen Rubens-Ausstellung in der Alten Pinakothek in München ließ man Peter Paul Rubens wieder auferstehen und über den Microbloggingdienst twitter den Meisters selbst zu seinem Leben und Werk in 140-Zeichen-Tweets berichten.[10] Neben den Informationen zu Rubens konnten hier auch spezielle Termine und Führungen veröffentlicht werden. Alte Pinakothek und Alte Meister konnten neue Kanäle nutzen und neues Interesse wecken.

Das sichtbare Gespräch

Das Städel Museum in Frankfurt nutzt derzeit seinen Blog,[11] um Videos zu Kunstwerken zu veröffentlichen, die während der Umbauphase ins Depot ausgelagert werden müssen. So wird aus dem Fehlen eines Bildes in der öffentlichen Sammlung ein Mehrwert und die Aufmerksamkeit für das nun fehlende Bild erhöht.

 

Die Tate in London verfolgt eine umfangreiche Online-Strategie, die wiederum vollständig online zu lesen ist. So bietet sie u.a. in ihrem eigenen Video-Channel[12] ein ganzes Programm an Videos zu Kunst und Künstlern an. Die Videos lassen sich nicht nur direkt anschauen, man kann sie auch per facebook, twitter und E-Mail weiterempfehlen oder sogar auf die eigene Website, in das eigene Blog einbetten. Das multipliziert die Reichweite und die Tate hat eine weitere Attraktion.

Gespräche auf facebook

Das Museum of Modern Art in New York verzeichnet auf seiner facebook-Seite knapp 300.000 Fans.[13] Wie bei einem riesigen Klassentreffen erfahren die Freunde des MoMA alles Neue und können sich erkundigen, austauschen, kommentieren, Videos ansehen. In den USA verzeichnet facebook zeitweise mehr Besuche/Visits als Google.[14]

Gespräche zum Mitnehmen

Eine ganz neue Dimension eröffnen auch Applications oder kurz Apps für Smartphones. Diese kleinen Anwendungsprogramme erfüllen ganz vielfältige Funktionen. Haben sie eine dialogische Komponente, lassen sich Multimedia-Guides mit Share-Funktionen und Geolocation-Services kombinieren. Der Kontakt zum Museum ist von überall mobil möglich. Welche Ausstellung gerade läuft, wie ich den Weg zum Museum von meinem derzeitigen Standort finde, welche Angebote gibt es im Shop, im Museumscafé – all diese Informationen kann ich per App direkt von meinem Smartphone abrufen. Das NRW-Forum in Düsseldorf hat in Deutschland mit einer eigenen App den Anfang gemacht.[15] In Frankreich gibt es mit CultureCliq schon eine Application, die frankreichweit 1.300 Museen verzeichnet und zeigen kann, wo in der Nähe welche Ausstellungen laufen.

5 Ars ex machina – die Kunst als Erscheinungswunder

Johann Zoffany, Die Tribuna der Uffizien, 1773

Johann Zoffany, Die Tribuna der Uffizien, 1773

In der digitalen Welt entstehen wie in der Foucault’schen Archäologie „Systeme der Gleichzeitigkeit“.[16] Die historisch geprägte Ordnung ist an dieser Stelle erst einmal außer Kraft gesetzt. Das bedeutet eine Öffnung alter Strukturen und bietet weite Spielräume zur Neubetrachtung. Diesen Raum sollten Museen und Kulturinstitutionen zur wissenden Gestaltung nutzen. Gespräche führen heißt hier auch Fachwissen und Deutungen anbieten. Im Zeitalter der Suchmaschinen wird die Quellenkritik zu einer zentralen Aufgabe, um Relevantes von Irrelevantem zu unterscheiden.

Kommunizieren heißt Gespräche anbieten und zuhören. Social Media sind Ausdruck und Instrument dieses Kulturwandels. Das weltweit größte Social Network facebook hat derzeit über 300 Millionen User.[17] Monat für Monat besuchen in Deutschland etwa 2,5 Millionen Besucher twitter.[18] Hier hört der virtuelle Betrachter und Besucher auf, reiner Konsument zu sein. Er trägt bei und äußert sich, spricht Empfehlungen aus. Er wird zum „Prosumenten“ – wie er im Slow-Media-Manifest bezeichnet wird -, also zu einem Gegenüber, das selbstbestimmt konsumiert und aktiv produziert.[19] Seine Aufmerksamkeit, seine Äußerungen, sein Verhalten wird den Präsenzbestand und die Ausstellungspraxis der Museen beeinflussen und bereichern.

Digitale Medien ersetzen nicht die Begegnung zwischen Menschen in der physischen Welt und auch nicht die Begegnung von Mensch und Kunstwerk im auratischen Raum des Museums. Es ist egal, wie viel millionenhaft die Mona Lisa digital verfügbar ist – die Menschen werden nicht aufhören, ihr auch real von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten zu wollen.

Digitale Medien stehen hier nicht in Konkurrenz. Sie sind etwas zusätzlich Bereicherndes, das auf seine ganz eigene Weise inspirieren kann. Social Media sind Orte, die Begegnungen ermöglichen, Begegnungen zwischen Menschen und Begegnungen von Mensch und Kunst. Sie bieten die Möglichkeit der Gestaltung, der Wertung und Gewichtung in einem ansonsten erst einmal wertfreien digitalen Raum. Und diesen Gestaltungsraum gilt es, zu entdecken und kommunikativ zu nutzen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


[1] http://www.das-neue-staedel.de/?s=struth [Zugriff 18. März 2010]

[2] Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt am Main 1963. Der Aufsatz entstand 1935/36.

[3] Jonathan Crary, Techniken des Betrachters. Sehen und Moderne im 19. Jahrhundert, Dresden, Basel 1996. Das amerikanische Original erschien 1990. S. 12f. „Welche Beziehung besteht zwischen der entmaterialisierten digitalen Bildwelt der Gegenwart und dem sogenannten Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit? […] Auf welche Weise gerät die Subjektivität in die ungesicherte Position, Schnittstelle zwischen rationalisierten Austauschsystemen und Informationsnetzen zu sein?“

[4] Krystof Pomian, Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln, Berlin 1988, S. 50.

[5] Giorgio Vasari, Lebensläufe der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten, Zürich 1989, S. 330.

[6] http://images.google.de/images?q=mona%20lisa&oe=utf-8&client=firefox-a&rlz=1R1GGGL_de___DE355&um=1&ie=UTF-8&sa=N&hl=de&tab=wi [Zugriff 18. März 2010]

[7] http://www.noows.de/louvre—jeder-will-die-mona-lisa-sehen-7638 [Zugriff 12. März 2010]

[8] http://www.cluetrain.de/ [Zugriff 18. März 2010]

[9] www.museenkoeln.de/impressionismus [Zugriff 18. März 2010]

[10] http://twitter.com/rubens_in_muc [Zugriff 18. März 2010]

[11] http://www.staedelmuseum.de/sm/index.php?StoryID=698 [Zugriff 18. März 2010]

[12] http://channel.tate.org.uk [Zugriff 18. März 2010]

[13] http://www.facebook.com/MuseumofModernArt#!/MuseumofModernArt?v=wall [Zugriff 18. März 2010]

[14] http://www.golem.de/1003/73891.html [Zugriff 17. März 2010]

[15] http://www.nrw-forum.de/iphone_app [Zugriff 18. März 2010]

[16] Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge, Frankfurt am Main 1974, S. 26.

[17] http://techcrunch.com/2009/09/15/facebook-crosses-300-million-users-oh-yeah-and-their-cash-flow-just-went-positive/ [Zugriff 17. März 2010]

[18] http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2009/09/15/twitter-bleibt-auf-kurs-20-prozent-zuwachs-in-deutschand.aspx [Zugriff 17. März 2010]

[19] http://www.slow-media.net/manifest [Zugriff 4. Mai 2010]